Viele Menschen in der Wesermarsch sind angesichts der Moorvernässungs-Pläne sehr besorgt. Und nach Auffassung des CDU-Kreisverbandes Wesermarsch sind sie es zurecht. Deshalb organisierten die Christdemokraten zusammen mit der Mittelstands- und Wirtschafts-Union (MIT) eine Informations- und Diskussionsveranstaltung unter der Überschrift „Die Wesermarsch bekommt nasse Füße“. Der große Saal des Central Theaters Brake war nahezu komplett besetzt – und blieb es während der fast dreistündigen Dauer.
Zusätzlich zu zwei Fachvorträgen hatte die CDU eine Gesprächsrunde organisiert. Diskutiert wurde sowohl auf der Bühne als auch mit dem Publikum.
Entwässerung und Bewässerung unter Druck
Der CDU-Kreisvorsitzende Björn Thümler eröffnete die von dem MIT-Vorsitzenden Claus Plachetka moderierte Veranstaltung. Dabei wies er darauf hin, dass 73 Prozent der Moorflächen in Niedersachsen im Eigentum von Privatpersonen sind. Vor diesem Hintergrund gehe die geplante Moorvernässung längst nicht nur Landwirte etwas an, so Thümler. „Deren Geschäftspartner, die Tourismuswirtschaft und eben auch viele Bürger sind ebenfalls direkt oder indirekt von ihr betroffen.“
Den Hauptvortrag der Veranstaltung hielt Heiko Holthusen, Vorsitzender der Braker Sielacht. Unter der Überschrift „Wasser…Woher und wohin?“ stellte er dar, wie ausgeklügelt das Entwässerungs- und Bewässerungssystem in der Wesermarsch ist. Die Herausforderungen seien größer geworden, erläuterte Heiko Holthusen. Zugleich hätten die Schöpfwerke, Siele und Mündungsschöpfwerke dem Sielacht-Chef zufolge bereits jetzt ihre Belastungsgrenze erreicht.
„Die Schöpfwerke und die Technik stammen größtenteils aus den sechziger und siebziger Jahren“, konkretisierte der Fachmann. Die Auswirkungen auf das Entwässerungs- und Bewässerungssystem seien bei massiven Eingriffen wie der Moorvernässung schwer kalkulierbar, fasste Holthusen zusammen.
Viele Akteure an Wertschöpfungskette
Für den zweiten Fachvortrag des Abends hatten die Organisatoren Dr. Arno Krause, Geschäftsführer des Grünlandzentrums Ovelgönne, gewonnen. Er stellte den so genannten Faktencheck des Grünlandzentrums mit dem Titel „Zukunft der Moorstandorte in der Küstenregion Niedersachsens“ vor. Im Mittelpunkt dieser Veröffentlichung stehen die Konsequenzen für die Land- und Ernährungswirtschaft bei großflächiger Wiedervernässung in den durch Milchviehhaltung geprägten Moorgebieten in Küstennähe. („Viele Akteure hängen an der Wertschöpfungskette der Milchviehhaltung.“) Je nach Szenario werde in der Küstenregion ein Produktionswert aus der Milchviehhaltung zwischen rund 583,1 Millionen Euro und einer Milliarde Euro pro Jahr entzogen. In der gesamten Wirtschaftsregion entlang der Küste seien je nach Szenario zwischen 30.115 und 54.052 Arbeitsplätze gefährdet. Nicht vernachlässigt werden dürften außerdem Vermögensverluste durch Wertminderung der Flächen, die zwischen 2,32 und 2,80 Milliarden Euro liegen könnten.
Nach Auffassung des Agrarexperten lässt sich am rechtlichen und politischen Rahmen der Moorvernässung nicht mehr rütteln. Sowohl auf der Ebene des Landes und des Bundes als auch der Europäischen Union werde das Vorhaben voran getrieben. Die entsprechenden Gesetze seien verabschiedet. Doch bei der Umsetzung sollten nach Auffassung Krauses „Effizienz und Effektivität“ eine entscheidende Rolle spielen: „Zurzeit ist zu viel Ideologie im Spiel.“
Pläne sind „Heimatvernichtung“
In der anschließenden Diskussionsrunde auf der Bühne meldeten sich neben Holthusen und Krause Dr. Karsten Padeken, Vorsitzender des Kreislandvolkverbandes Wesermarsch, und der Elsflether Landtechnik-Unternehmer Malte Lübben zu Wort. Padeken beklagte, dass im Zuge der Moorvernässungs-Debatte „zum Teil eine Hysteriewelle losgetreten“ worden sei. Es fehle an sorgfältigen Analysen und Folgenabschätzungen.
Lübben bezeichnete die Moorvernässungs-Pläne als „Heimatvernichtung“. Nach seiner Ansicht sind viele Details ungeklärt, darunter beispielsweise die Auswirkungen auf Kleinkläranlagen.
Bei den Fragen und Diskussionsbeiträgen aus dem Kreise der Zuhörerinnen und Zuhörer wurden unter anderem drohende Wertverluste für private Immobilien, Imageverluste für den ländlichen Raum und eine mögliche Mückenplage (Holthusen: „Wie die Geschichte zeigt, ist das nicht unrealistisch“) thematisiert.
Die Schlussworte hielt Jochen Steinkamp, der als Kandidat der CDU Niedersachsen am 9. Juni 2024 in das Europäische Parlament einziehen möchte. Steinkamp warnte vor dem „Verdrängen von Landwirtschaft und Industrie“ im Zuge der Moorvernässung.
Das Foto zeigt v.l.n.r.: Claus Plachetka, Malte Lübben, Dr. Karsten Padeken, Jochen Steinkamp, Dr. Arno Krause, Heiko Holthusen und Björn Thümler.
Foto: Thomas Klaus