Früherer Minister prangert das „Monster der Bürokratie“ an
Dem Austausch dienen, vielleicht ein Startpunkt für die Gründung eines Gewerbevereins sein – das soll der Stadlander Neujahrsempfang. Aber warum warnte der Gastredner die Gäste vor dem „Monster der Bürokratie“?
von Hans Schnieder 17. Februar 2023
Nach Ansicht des CDU-Landtagsabgeordneten Björn Thümler aus Berne ist „das Monster der Bürokratie“ vor allem für die mittelständische Wirtschaft „ein gewaltiges Hemmnis für Investitionen“. Förderprogramme seien mit so vielen Dokumentations- und Nachweispflichten verbunden, dass Aufwand und Ertrag in keinem guten Verhältnis zueinander stehen.
Das sagte der ehemalige niedersächsische Wissenschaftsminister während des Neujahrsempfangs, zu dem die Gemeinde Stadland Gewerbetreibende in die Markthalle eingeladen hatte. Bürgermeister Harald Stindt gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass dieser etwas verspätete Neujahrsempfang dazu beitragen möge, wieder einen Gewerbeverein in der Gemeinde zu gründen.
Wo es bald Bauland geben wird
In seinem Rückblick auf 2022 und Ausblick auf das begonnene Jahr wies der Bürgermeister auf Bau- und Gewerbegebiete hin. Um auch in Rodenkirchen Bauland anbieten zu können, führe die Gemeinde Gespräche mit Landeigentümern. „In den letzten Zügen“ befinden sich laut Harald Stindt die Verhandlungen mit der evangelischen Landeskirche über das seit Jahren angestrebte Neubaugebiet in der Ortsmitte von Seefeld. Die eine Hälfte des Landes gehört der Kirche, die andere ist im Besitz der Gemeinde.
Zurzeit seien die Energiekosten die allergrößten Belastungsfaktoren für den Mittelstand, sagte Gastredner Björn Thümler. Den Mittelstand stellte er als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft heraus. Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland seien kleine und mittlere Betriebe. Auf sie entfielen 60 Prozent der Nettowertschöpfung. Sie stellten mit rund 19 Millionen mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze.
Bürokratie kostet Betriebe viel Zeit
Für den Mittelstand sind nach Ansicht des CDU-Politikers Entlastungen bei allen Investitionen, die die Energieeffizienz erhöhen und zum Ausbau Erneuerbarer Energien beitragen, langfristig besser als staatliche Entlastungspakete. Dabei komme es auf Vereinfachung an, betonte er.
Wenn mittelständische Unternehmer zum Beispiel mit einer eigenen Photovoltaikanlage Strom erzeugen, sei das für sie günstiger, als Strom aus dem Netz zu beziehen. Doch die rechtlichen Rahmenbedingungen und Erzeugermodelle für die Eigennutzung von Erneuerbaren Energien seien für Mittelständler längst nicht so einfach und verständlich wie der Abschluss eines Stromvertrages. Ein weiteres Beispiel: Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag habe ohnehin errechnet, dass zum Beispiel ein familiengeführter Betrieb des Gastgewerbes pro Woche 14 Stunden Arbeitszeit aufbringen muss, um alle Bürokratiepflichten erfüllen zu können.
Erziehen müssen vor allem die Eltern
Die von der Ampel-Koalition ermöglichte Inflationsprämie komme nur großen Unternehmen zugute. Denn eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von bis zu 3.000 Euro könnten sich kleinere Unternehmungen in der Regel nicht leisten. Zudem sei dies auch mit viel Bürokratie verbunden.
Vor den etwa 60 Teilnehmern des Neujahrsempfangs – darunter auch Mitglieder des Stadlander Gemeinderates – forderte Björn Thümler auch mehr Anstrengungen für schnelles Internet überall. „Deutschland ist eine digitale Wüste.“
Zudem dürfe nicht länger eine eigenverantwortlich arbeitende Schule verhindert werden. Statt zentraler Steuerung sollte mehr vor Ort von Schule und Eltern verantwortet werden können. Das Motto müsse lauten: „Lasst die Schule mal machen.“ Erkannt werden müsse auch dies: „Die Eigenverantwortung beim Erziehen liegt bei den Eltern.“