Lokale Projekte im Fokus NWZ

Lokale Projekte im Fokus

KLIMAWANDEL – Kirchliche Energiegemeinschaft Wesermarsch setzt auf Wind- und Solarenergie

Lutz Timmermann

BRAKE. (lt) Die Energiewende in der Wesermarsch soll zum Mitmachprojekt werden. Wie das gehen soll, erläuterte die Kirchliche Energiegemeinschaft Wesermarsch (KEGW) bei einer Veranstaltung im Centraltheater Brake. Nachdem der Klimafolgenforscher Dr. Udo Engelhardt aus dem westfälischen Soest vor rund 70 Zuhörerinnen und Zuhörern die „planetarische Krise“ beschrieben und eine Klimaneutralität in Deutschland bis 2050 als „Illusion“ bezeichnet hatte, erläuterte KEGW-Vorstandsmitglied Felix Rodenjohann die lokalen Bemühungen, mit denen man in der Wesermarsch der Erderwärmung entgegenwirken will. Dazu sei vor knapp einem Jahr die KEGW gegründet worden, betonte Rodenjohann, der Geschäftsführer der Strategie- und Umsetzungsberatungsgesellschaft für kommunalen Klimaschutz ansvar 2030 mit Sitz in Oldenburg ist, die das kirchliche Projekt fachlich und ehrenamtlich begleitet.

Energie für die Wesermarsch

Einer der Gründungsgedanken der KEGW sei es, „dass der Nutzen der alternativen Energieerzeugung in der Wesermarsch bleibt“, betonte Rodenjohann. Es gebe viele produzierende Unternehmen im Landkreis, für die ein lokaler Strompreis von acht Cent pro Kilowattstunde wirtschaftlich attraktiv sei. Der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Hans Francksen, wies darauf hin, dass die Wesermarsch die zweithöchste Industriedichte in Niedersachsen aufweise. „Wir haben hier Akteure, die durch den Einsatz neuer Technologien die Energiewende vorantreiben“, betonte der ehemalige Bürgermeister der Stadt Nordenham in einer Podiumsdiskussion mit der Bundestagsabgeordneten Christina-Johanne Schröder (Bündnis 90/Die Grünen), dem Landtagsabgeordneten Björn Thümler (CDU), Dagmar Diers vom Biohof Moorfreude in Seefelder Außendeich und dem Landwirt und Energiewirt Henning Kruse aus Lemwerder.

Ein „grünes Wirtschaftswunder“

Der Einstieg in das „grüne Wirtschaftswunder“ soll den derzeit 47 Mitgliedern mit 70 Anteilen zu je 777 Euro die Möglichkeit zu Sammelbestellungen bieten. „50 Wärmepumpen sind billiger als eine“, warb Rodenjohann dafür, den Ausstieg aus der konventionellen Energieerzeugung durch Verbrennung von Öl, Gas und Kohle so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen. Dazu kann jetzt einen Monat lang auf der Internetseite „ KEGW.de/mitmachen “ das Interesse an der laut Rodenjohann „ersten großen Sammelbestellung“ bekundet werden.

Alternative Stromerzeugung

Für die alternative Stromerzeugung mit Windenergie- und Photovoltaikanlagen prüft die KEGW laut Rodenjohann bereits mehr als zehn Projekte, „es gibt konkrete Flächen für Photovoltaikanlagen“. Mit einigen Projekten könne sicher noch in diesem Jahr begonnen werden. Gedacht sei an Dächer von Kirchengebäuden, da dafür keine Baugenehmigung erforderlich sei. Ziel sei es schließlich, „Erträge zu erwirtschaften“. Über die angestrebte Verzinsung der Mitgliedsbeiträge werde die Mitgliederversammlung entscheiden. KEGW-Geschäftsführer Michael Thomas hofft, dass die Mitgliederzahl bis Ende des Jahres auf 250 steigt.

Interesse an günstiger Energie

Christiane Geerken-Thomas aus Großenmeer unterstrich das Interesse der Kirchengemeinden an günstiger Energie. „Wir haben viele Kulturgüter, von denen wir möglichst viel erhalten wollen“, verwies die Kreispfarrerin auf die hohen Energiekosten für den Unterhalt von Kirchen, Kindertagesstätten und Gemeindehäusern. Das seien alles „berechtigte Argumente“, meinte Referent Engelhardt, „aber das ist zu klein gedacht, bitte denken sie größer“. Hitzerekorde, Dürren, Überschwemmungen, Stürme, Eisschmelze und Meeresspiegelanstieg seien unübersehbare Indikatoren für die „menschengemachte Klimakrise“, natürliche Kohlenstoffspeicher wie Moore und Wälder sowie der Artenschutz „unsere Lebensversicherung“.

„Wir haben kein Erkenntnisdefizit“, reagierte Björn Thümler auf Engelhardts Ausführungen, „sondern ein Umsetzungsproblem“. Die Umsetzungsgeschwindigkeit müsse erhöht werden. Hemmnisse sieht der Energiewirt und Landwirt Henning Kruse in den „Amtsstuben, wo die Gesetze nicht ankommen“. Auch Ex-Bürgermeister Francksen mahnte, die Energiewende werde nicht gelingen, „wenn die Kommunen nicht mitspielen“. Die Bundestagsabgeordnete Schröder beklagte, dass die Energieversorger die Energiewende verzögerten.

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