Dass ein ehemaliges Staatsoberhaupt die Wesermarsch besucht, kommt nur selten vor. Doch auf Einladung des CDU-Landtagsabgeordneten Björn Thümler kam Ex-Bundespräsident Christian Wulff, der von 2010 bis 2012 an der Spitze des Staates gestanden hatte, nach Ovelgönne. Auf dem Melkhus-Anwesen von Annegret Schildt ließ er sich mit Kuchen, Kaffee und Milchmixgetränken verwöhnen – und suchte den Dialog mit den Mitgliedern der 15 Landfrauenvereine im Kreisgebiet. Thümler hatte gezielt den Kreislandfrauenverband Wesermarsch zum Austausch mit Christian Wulff gebeten. Aber auch andere Interessierte waren vor Ort und willkommen.
+++ Runter von der Tribüne! +++
In seiner Begrüßungsrede blickte Wulff, der von 2003 bis 2010 niedersächsischer Ministerpräsident gewesen war, weit über die Wesermarsch hinaus. Seine Sorge galt der demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik. Christian Wulff warnte: „Eine Demokratie ist von innen gefährdet, wenn sich die Menschen ihrer nicht bewusst genug sind. Nichts ist selbstverständlich und von Dauer, wenn man nichts dafür tut.“
Aus seiner Sicht fehlt es an gesellschaftlichem Engagement – so wie es zum Beispiel die Landfrauen praktizieren. Stattdessen wachse die Zahl derjenigen, die kritisierten, ohne sich konstruktiv einbringen zu wollen. Dazu zog Wulff den Vergleich zum Fußball: „Wir brauchen mehr Menschen, die von der Tribüne herunter kommen, auf den Platz gehen und im Zusammenspiel mit anderen Tore schießen.“ Der ehemalige Bundespräsident weiter: „Wenn jemand nur sagt, dass sich etwas ändern müsse, wird sich nichts ändern.“
Doch die Demokratie in Deutschland sei eine Errungenschaft, die unbedingt verteidigt und bewahrt werden müsse: „Von den acht Milliarden Menschen auf der Welt würden die meisten gerne und dauerhaft hierzulande leben.“
+++ Wichtiges Diskussionsthema Hebammenversorgung +++
In seiner Rede plädierte Christian Wulff unter anderem auch für mehr gesteuerte Zuwanderung („Wir sollten weniger fragen, woher jemand kommt, sondern wohin er will“). Dabei müssten allerdings die demokratischen Werte und Regeln beachtet werden: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist der schönste Satz in deutscher Sprache.“
In der von Ute Cornelius, Vorsitzende ds Kreislandfrauenverbandes Wesermarsch, moderierten Diskussionsrunde richteten sich die meisten Fragen an Björn Thümler, weil sich Christian Wulff als ehemaliger Bundespräsident nicht zur Tagespolitik äußern durfte. Ein Großteil der Fragen kreiste neben den aktuellen Herausforderungen für die Landwirtschaft um die medizinische Versorgung, hier vor allem den Ärzte-Mangel und die Situation der Hebammen.
„Die wohnortnahe geburtshilfliche Versorung im ländlichen Raum muss gesichert werden“, betonte Thümler. Dafür hält er eine Reihe von Maßnahmen erforderlich; darunter sind zum Beispel die Aufnahme der Geburtshilfe in die Grundversorgung, die Entlastung der Hebammen von Tätigkeiten wie Kreißsaal-Reinigung oder Dienst auf der Wochenbettstation und ein „Runder Tisch Gesundheit rund um die Geburt“ auf Landesebene. „Hebammen“, schloss der CDU-Landtagsabgeordnete, „sind unverzichtbare Anker während Schwangerschaft und Geburt. Sie helfen entscheidend, dass der Start ins Leben für die Jüngsten gelingt.“