Europapolitik „zum Anfassen“ haben die Schülerinnen und Schüler von zwei Politik-Kursen des zwölften Jahrgangs am Gymnasium Brake erlebt. Rund zwei Stunden lang konnten sie mit der EU-Abgeordneten Lena Düpont und dem Politik- und Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Rainer Lisowski diskutieren. Ermöglicht hatte das der CDU-Landtagsabgeordnete Björn Thümler, der sich rege an der Diskussionsrunde beteiligte. Die Gesprächsrunde war vom Hermann-Ehlers-Bildungswerk der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) organisiert worden.
Die Europaparlamentarierin Düpont aus dem niedersächsischen Gifhorn ist in Brüssel Mitglied im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten und Inneres. Außerdem gehört sie als stellvertretendes Mitglied dem – für die Wesermarsch besonders wichtigen – Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung an. Darüber hinaus leitet die Politikerin das Frontex-Kontrollgremium und fungiert als innen- und migrationspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe.
„Große Leerstelle“ in der Außenpolitik
Professor Lisowski lehrt an der School of International Business der Hochschule Bremen. Er blickte in seinem Eingangsstatement auf seine Zeit als Schüler zurück: „Als ich vor 30 Jahren einen Politik-Leistungskurs besucht habe, herrschte in Europa und der Welt eine positive Aufbruchstimmung. Das Block-Denken der Großmächte schien überwunden zu sein.“ Die Zeichen hätten auf eine friedliche Weltordnung gestanden. Mit Blick auf die heutige internationale Situation äußerte sich Lisowski jedoch wenig zuversichtlich.
Außen- und sicherheitspolitische Fragen interessierten auch die Schülerinnen und Schüler am meisten. Lena Düpont räumte ein, dass es in der Europäischen Union angesichts des Fehlens einer gemeinsamen Außenpolitik eine „große Leerstelle“ gebe. Diese Lücke zu schließen, sei ein sehr schwieriges Unterfangen. Denn: „Die EU ist nicht Deutschland in groß.“ Es müssten die Interessen von insgesamt 27 Mitgliedsländern in Einklang gebracht werden. Die hätten zum Teil enorme politische und kulturelle Unterschiede. Trotzdem gelänge es der EU immer wieder, wichtige gemeinsame Positionen zu entwickeln und zu vertreten. Als ein Beispiel nannte die CDU-Politikerin die einheitliche Sanktionsstrategie nach dem russischen Überfall auf die Ukraine.
„Europäische Union tragen und nicht ertragen“
„Ich bin ein leidenschaftlicher Verfechter der Europäischen Union“, bekannte Björn Thümler. Der Christdemokrat schwärmte: „Was für ein Privileg ist es doch, ohne Grenzkontrollen und mit einer einheitlichen Währung innerhalb Europas reisen zu können!“ In der öffentlichen Diskussion werde die EU oft auf die Bürokratie verengt, bedauerte Thümler. Doch die Bürgerinnen und Bürger sollten die europäische Ideee „nicht ertragen, sondern tragen“. Schließlich sei die Europäische Union nach wie vor ein „großartiges Friedensprojekt“.
Neben außen- und sicherheitspolitischen Fragen zeigten sich die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ebenfalls an Digitalisierungs-Themen stark interessiert. „Wir sind technologisch weder in Deutschland noch in der EU auf der Höhe der Zeit“, stellte Björn Thümler fest. Er kritisierte einen oft übertriebenen Datenschutz, bei dem in der Praxis „die Menschen von den Behörden vor ihren eigenen Daten geschützt“ werden sollten. Und es werde „angstbesessen an Techniken geklebt“, die eine Umsetzung der Digitalisierung erheblich erschwerten.
Lena Düpont hat ähnliche Erfahrungen gesammelt. Die „Risikoscheu gegenüber neuen Technologien“ sei in der Bundesrepublik weit verbreitet: „Dieses Korsett hemmt uns und ist nicht zukunftstauglich.“
Nach der Diskussionsrunde suchten einige der Schülerinnen und Schüler das individuelle Gespräch mit Düpont und Thümler. Auch bei dieser Gelegenheit warben die Politiker für die Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2024.
Das Foto zeigt v.l.n.r.: Manuel Ley, Hermann-Ehlers-Bildungsforum; Professor Rainer Lisowski, Schulleiterin Silvia Warns, Lena Düpont, Björn Thümler.
Foto: Büro Thümler